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24. März 2012

Coburg. Knapp vierzig Neonazis aus den sich personell überschneidenden Kameradschaften „Division Franken“, des „Aktionsbündnis Nordfranken“ sowie des JN- Stützpunktes Franken/Oberpfalz nehmen am Samstag an der dritten öffentlichen Kundgebung der „Division Franken“ in Folge teil.

Die neonazistische Kundgebung in Coburg erreicht kaum Öffentlichkeit.  Foto: Timo Mueller
Die neonazistische Kundgebung in Coburg erreicht kaum Öffentlichkeit. Foto: Timo Mueller
Die Neonazis treffen sich ab 12.15 Uhr am Bahnhof Coburg und marschieren dann, lediglich durch ein Polizeifahrzeug begleitet, durch die Coburger Innenstadt zum Schlossplatz, auf dem ihre von Marcel Maderer (Forchheim) angemeldete Kungebung („Wir sind keine Terroristen – Die Presse lügt“ stattfindet.

Trotz Anmeldung für den Zeitraum von 11.00 – 20.00 Uhr erscheinen die Teilnehmenden erst nach 13.00 Uhr und setzen dabei  wie bei ihren Kundgebungen in Forchheim und Weißenburg darauf, dass Nazigegner_innen die Gegenproteste eventuell früher verlassen. Die Versammlungsleitung bilden Maderer, Jens Rüttiger (Hohenroth), der führende Aktivist der „Division Franken“  und Sven Diem (Eckersmühlen), „Stützpunktleiter“ bei den „Jungen Nationaldemokraten“ und Aktivist der „Division Franken“.

Transparent der 'Jungen Nationaldemokraten' (JN) in Coburg.  Foto: Timo Mueller
Transparent der ‚Jungen Nationaldemokraten‘ (JN) in Coburg. Foto: Timo Mueller
Die Neonazis entrollen zwei Transparente mit den Aufschriften „Wir sind keine Terroristen“ (JN) und „Bock auf Revolution – Freiheit statt BRD“ (Aktionsbündnis Nordfranken). Zudem zeigen sie zwei schwarze Fahnen mit dem Aufdruck „Lichtenfels/Coburg“ und „Nürnberg“, mehrere „Reichsflaggen“, eine Frankenfahne, eine Fahne mit dem Wappen der Stadt Nürnberg und eine Fahne der NPD (Kreisverband Nürnberg). Mehrere Neonazis, u.a. aus den Reihen des „Fränkischen Heimatschutz“ (FHS), beobachten die Kundgebung nur aus einiger Entfernung.

Transparent des 'Aktionsbündnis Nordfranken' in Coburg.  Foto: Timo Mueller
Transparent des ‚Aktionsbündnis Nordfranken‘ in Coburg. Foto: Timo Mueller
Über die mitgebrachten Lautsprecherboxen spielt Rüttiger als erstes das Lied „Ab damit ins Klo“der neonazistischen Band „Sleipnir“ ab. Darin heißt es u.a. „Brandaktuell sind jetzt Terrornazis mit Sprengstoff im Gepäck. Jeder Patriot ist potentiell ein Mörder, die Wahrheit interessiert einen Dreck. Integration ist gescheitert, Multikulti alles normal. Muckst du auf und sagst es laut, kommt die Keule der Moral.“ Nachdem ein aus Nürnberg stammender Aktivist der Division Franken das Themenflugblatt „Wir sind keine Terroristen –  die Presse lügt“ vorliest, folgt das Lied „Lügenexekution“ (ebenfalls von „Sleipnir“). Textzitat: „Sie schreiben und sie reden, sie lügen und verdrehen. Sie besitzen keine Skrupel, provozieren wo es nur geht. Doch der Tag er wird kommen und wir werden die Richter sein. Wir liquidieren ihre Lügen und ihren Heiligenschein“. Ein 16-jähriger redet für das „Aktionsbündnis Nordfranken“ gegen das „Coburger Aktionsbündnis gegen rechtsradikale Aktivitäten“ (CaRa). Nach dieser Rede spielt Rüttiger das Lied „Die Presse lügt“ von der neonazistischen Band „Wiege des Schicksals“ ab. Sven Diem liest ein Grußwort des ehemaligen NPD Stadtrats Safet Babic aus Trier vor. Babic war 2011 einstimmig aus dem Trierer Stadtrat ausgeschlossen worden, nachdem dieser wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden war.

Für den heutigen Tag haben Neonazis zudem bundesweit zu einem „Aktionstag gegen Repression“ aufgerufen, nachdem das neonazistische Aktionsbüro „Mittelrhein“ als kriminelle Vereinigung eingestuft und mehrere Aktivist_innen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen inhaftiert wurden.

Die Neonazis solidarisieren sich mit inhaftierten Holocaustleugnern und Gewalttätern.  Foto: Timo Mueller
Die Neonazis solidarisieren sich mit inhaftierten Holocaustleugnern und Gewalttätern. Foto: Timo Mueller
Jens Rüttiger verteilt daher kleine Plastikschilder mit der Aufschrift „Freiheit für alle Nationalisten“ an die Kundgebungsteilnehmer_innen. Manche halten auch Schilder mit Namen inhaftierter Neonazis hoch, darunter z. B. den des Holocaustleugners Horst Mahler oder der bekannten Aktivisten Sven Skoda (Düsseldorf), Axel Reitz, Sebastian Ziesemann und Paul Breuer (alle Köln). Zudem liest Sven Diem über vierzig  Namen inhaftierter Neonazis vor, darunter auch den des zu einer insgesamt vierjährigen Haftstrafe verurteilten Phillip Hasselbachs. Oder den Namen des Dortmunder Schlägers Sven Kahlin, der wegen Körperverletzung mit Todesfolge verurteilt wurde.

Jens Rüttiger rennt Radfahrer hinterher.  Foto: Timo Mueller
Jens Rüttiger rennt Radfahrer hinterher. Foto: Timo Mueller
Während der kompletten Kundgebung achten Diem, Rüttiger und die eingesetzten Ordner penibel darauf, dass keineR ihre Kundgebungsfläche betritt. Als ein Fahrradfahrer nah an der Kundgebung vorbeifährt und durch ein Gerangel mit Jens Rüttiger eine der Lautsprecherboxen umfällt, rennt Rüttiger diesem hinterher und hält ihn am Gepäckträger fest. Nach dreistündiger Kundgebung laufen die Neonazis wieder zum Bahnhof, wo einige von ihnen die anwesenden Journalisten bedrohen.

Erst durch a.i.d.a.-Informationen war die geplanten Neonazikundgebung öffentlich geworden, die Stadt Coburg hatte die neonazistische Anmeldung verschwiegen. Trotz lediglich eintägiger Mobilisierung finden sich trotzdem rund 100 Gegendemonstrant_innen ein.

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