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Internationales Neonazi-Konzert in Buchhofen geplant

Neonazis des „Freien Netz Süd“ (FNS) und AktivistInnen der ostbayerischen NPD planen für den 3. Juli 2010 gemeinsam ein großes, deutsch-tschechisches Neonazi-Konzert („day of friendship“). Antifaschist_innen ist es gelungen, den bisher geheimgehaltenen Veranstaltungsort herauszufinden: das Gelände des „Jägerwirts“ im niederbayerischen Buchhofen. Mit dem internationalen Event würde sich der Gasthof im Landkreis Deggendorf endgültig als wichtige neonazistische Infrastruktur etablieren.

Das „Fest der Freundschaft“

Ein bisher unbekannter „deutsch-böhmischer Freundeskreis“ kündigt seit zwei Tagen für den 3. Juli 2010 ein neonazistisches Großevent in Ost-Bayern an. Beim „day of friendship“ sollen ab 15.00 Uhr Neonazibands und „Liedermacher“ aus Deutschland und Tschechien sowie Redner der NPD und der tschechischen „Dělnická Strana“ (DS), das wird offen so verkündet, auftreten.  Die neonazistische „Dělnická Strana“ (Arbeiterpartei) ist durch das tschechische Oberste Verwaltungsgericht in Brno am 17. Februar 2010 verboten worden. Die DS wurde für die Organisation von Pogromen gegen Roma genauso verantwortlich gemacht wie für die Zusammenarbeit mit den militanten Neonazis des „Narodni Odpor“.

Vom „deutsch-ungarischen Freundeskreis“ zum „deutsch-böhmischen Freundeskreis“

Der Name „deutsch-böhmischer Freundeskreis“ erinnert an den neonazistischen  „deutsch-ungarischen Freundeskreis“. Angelehnt an die Tradition des in Deutschland und Ungarn verbotenen „Blood and Honour“-Netzwerks versucht dieser Zusammenschluß (um den derzeit in Bayreuth inhaftierten FNS-Kader Matthias Fischer) seit einigen Jahren, ungarische und deutsche Neonazis zu Veranstaltungen nach Deutschland bzw. Ungarn zu mobilisieren. Dafür stehen exemplarisch die NS-nostalgischen Neonaziaufmärsche und Neonazikonzerte zum „day of honour“ in Budapest. Teilweise traten Matthias Fischer und der ehemalige ungarische „Blood&Honour“-Chef Illes Zsolt auch gemeinsam unter dem Label  „Waffenbrüder“ auf.

Hinter dem „deutsch-böhmischen Freundeskreis“ und dem „Fest der Freundschaft“ stehen Neonazis aus dem bayerischen Kameradschaftsdachverband „Freies Netz Süd“ einerseits und AktivistInnen der NPD in den Bezirken Niederbayern und Oberpfalz andererseits. Erfahrungen mit der Organisation internationaler Rechtsrock-Events liegen bei ihnen vielfältig vor, z. B. durch die Durchführung der sogenannten „Frankentage“, der „NPD-Bayerntage“ oder durch das Eingebundensein in die internationalen Rechtsrocknetzwerke der „Hammerskin Nation“ bzw. der „Crew 38“. Ein „Hammerskin Franken“-Konzert am 10. April 2010 in der Sporthalle von Geiselbach bei Aschaffenburg wurde von der Polizei unterbunden und konnte schließlich nur in sehr abgespeckter Form bei einem unterfränkischen „Hammerskin-“ und „Freies Netz Süd“-Aktivisten privat stattfinden.

„Zwei Völker – eine Bewegung“

Bayerische Neonazis pflegten bereits in der Vergangenheit Kontakte zu tschechischen KameradInnen. Gemeinsame Liederabende in der Grenzregion, Reden tschechischer Neonazis auf Aufmärschen in Bayern (u. a. von Patrik Vondrak im Mai 2009 in München) waren in den letzten Jahren genauso zu beobachten wie Wahlkampfeinsätze tschechischer DS-AktivistInnen zugunsten des NPD-Bezirksverbands Oberpfalz. Im Gegenzug nahmen deutsche Neonazis mehrfach an Aufmärschen in Tschechien teil (z. B. die „Kameradschaft Erding“ und die „Freien Nationalisten München“ in Usti nad labem im April 2009), waren aber auch an Ausschreitungen und Pogromen gegen Roma in Böhmen beteiligt. Im August 2009 fuhren Neonazis des „Freien Netz“ um Matthias Fischer und Robin Siener sowie die NPD-Aktivisten Karsten Panzer und Willi Wiener zu einem „Tag der Freiheit“ genannten Event in Novy Knín. Dabei handelte es sich um ein auf Privatgelände abgeschottet durchgeführtes „Ersatzprogramm“ anstelle des in Budapest verbotenen Gedenkmarsches für den Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß.

Antifaschist_innen finden Veranstaltungsort heraus

Derzeit halten die veranstaltenden Neonazis den Ort des „day of friendship“-Großevents geheim. Lediglich 72 Stunden vor der Veranstaltung sollen detailliertere Ortsangaben als das momentan  beworbene „Ost-Bayern“ zu erhalten sein. Nach Informationen der „antifaschistischen Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München“ (a.i.d.a. e.V.) soll das „day of friendship“-Event jedoch auf dem Gelände des Gasthaus „Jägerwirt“ in Buchhofen im Landkreis Deggendorf stattfinden. Dies hat mittlerweile auch das Landratsamt Deggendorf gegenüber dem Autor bestätigt. Mit dem deutsch-tschechischen Konzert würde sich der Gasthof des (nach NPD-Angaben) in die neofaschistische Partei eingetretenen Wirtsehepaars Robert und Siglinde Leher mit seinen Sälen und dem großen Innenhof als wichtige neonazistische Infrastruktur in Bayern etablieren. In den Gebäuden des „Jägerwirts“ hat in diesem Jahr bereits der „Politische Aschermittwoch“ der Bundes-NPD stattgefunden und hier will der bayerische NPD-Landesverband am 12. Juni auch seinen sogenannten „Bayerntag“ abhalten. Es liegen darüberhinaus Hinweise vor, dass im „Jägerwirt“ auch der Landesparteitag der Bayern-NPD am 15. Mai 2010 stattgefunden hat.

Zusammenarbeit FNS – NPD

Im Vorfeld des Rechtsrockspektakels „day of friendship“ am Abend soll es eine gemeinsam von NPD und „Freien Nationalisten“ organisierte „Politische Kundgebung“ auf dem Deggendorfer Stadtplatz geben. Eine Uhrzeit für diese Aktion wurde bisher noch nicht festgelegt. Bei ersten Sondierungsgesprächen trat für die Veranstalter der NPD-Kreisvorsitzende Alfred Steinleitner (Deggendorf) gegenüber den Behörden auf.

Fernab des direkten Einflussbereichs des NPD-Landesvorsitzenden Ralf Ollert (Nürnberg) und des NPD-Landesgeschäftsführers Axel Michaelis scheint eine Zusammenarbeit zwischen der neofaschistischen Partei und den einst im Streit geschiedenen „Freies Netz Süd“-AktivistInnen also längst wieder möglich. Ein Indiz hierfür ist auch die Internetpräsenz, mit der bereits für das Neonazikonzert geworben wird: Die domain ist auf den ostbayerischen NPD-Funktionär Patrick Schröder („Radio FSN“, Mantel) eingetragen.

 

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