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München: Wirbel um Neonazi-Treffpunkt

Glaskasten_SchildEine Gaststätte im Stadtteil Berg am Laim hat sich im Laufe der letzten drei Jahre zu einem der wichtigsten Neonazi-Treffpunkte in München entwickelt. Seit einiger Zeit schon regt sich im Viertel Unmut über die neonazistischen Veranstaltungen und Konzerte, die hier ein- bis zweimal in der Woche stattfinden. Nun kündigen Lokalpolitiker_innen und Antifaschist_innen Gegenaktivitäten an.

Eine Gaststätte als Neonazi-Treffpunkt:

Gegenüber der St.-Pius-Kirche im Münchner Stadtteil Berg am Laim liegt das „Wirtshaus Zum Glaskasten“. Den ungewöhnlichen Namen trägt die weiträumige Gaststätte aufgrund der auffallend großen Fensterfronten. Nachmittags treffen sich hier vorwiegend ältere Männer aus dem Viertel zum Kartenspielen und Biertrinken, auch ein Dart-Club nutzt den „Glaskasten“ für Training und Turniere.

Abends kommen ganz andere „Gäste“ hierher. Junge Neonazis aus den militanten Neonazi-Kameradschaften Münchens und des Umlands, z. B. aus Neubiberg oder Gilching, gehen dann im „Kampflokal“, so die szeneinterne Bezeichnung, ein- und aus. Die „Freien Nationalisten München“ (FNM) würden sich „regelmäßig zum Kameradschaftsabend in einer Gaststätte“ treffen, so deutet die Gruppe auf ihrer Homepage konspirativ an. Diese ungenannte „Gaststätte“ ist ebenfalls meist die Kneipe „Glaskasten“ im Münchner Osten. Fast jeden Donnerstag Abend setzen sich hier zehn bis zwölf junge Neonazis ins Nebenzimmer, oft ist der vorbestrafte NPD-Bundestagskandidat Philipp Hasselbach dabei. Auch für größere Veranstaltungen greifen die Neonazis auf die Räumlichkeiten unweit des Ostbahnhofs zurück:

Beispiele neonazistischer Veranstaltungen:

Am 8. November 2008 veranstalteten  u. a. die neonazistischen Kameradschaften „Freie Nationalisten München“ (FNM), „Freundeskreis Gilching“ (FKG) und „Kameradschaft München-Süd-Ost“ (KMSO) einen sogenannten „Erzählabend“ im Seitenflügel des „Wirtshaus zum Glaskasten“. Als „Referent“ trat der ehemalige Wehrmachtssoldat Franz Gräßl auf. Einige Teilnehmer am „Erzählabend“ trugen die „Frontstadt München“-T-Shirts, die der Münchner Neonazi-Mailorder „Odin-Versand“ im Angebot führt. „Wir schwören Treue bis in den Tod“, heißt es auf der Rückseite, dazu ist ein historisches Foto einer Münchner SS-Vereidigung aufgedruckt.

Am Samstag, 12. Dezember 2009, trafen sich viele Neonazis im „Glaskasten“ zu einem „Liederabend“ des „Nationalen Widerstandes Oberbayern“ (NWO) unter dem Motto „Weisse Weihnachten“. Teilgenommen haben Mitglieder der neonazistischen Gruppen „Kameradschaft München Süd-Ost“ (KMSO), der „Nationalen Solidarität Bayern“ (NSB), vom „Freundeskreis Gilching“ (FKG) und den „Freien Nationalisten München“ (FNM). Vor den Reden von Philipp Hasselbach und dem Auftritt von „Liedermacher Thomas aus Berlin“ wurde im weihnachtlich dekorierten „Glaskasten“-Nebenraum noch der Fernseher mit einer Reichskriegsflagge zugehängt. Vor ungebetenen Blicken sollte schwarzer Stoff schützen, mit der die Fensterfront abgeklebt war. Es war nicht irgendein schwarzer Stoff, sondern das Gilchinger Neonazi-Transparent „60 Jahre Lügen und Hetze sind genug – Nationaler Sozialismus jetzt!“, das dafür hergenommen wurde. „Die Gaststätteninhaber“, so berichtete es anschließend der „Freundeskreis Gilching“ erfreut, hätten „noch ein paar bunte Teller mit weihnachtsüblichem Gebäck“ spendiert.

Dutzende Neonazis drängten sich am Samstag 23. Januar 2010 im „Glaskasten“-Nebenzimmer, um das ein- bzw. zweijährige Bestehen der Neonazi-Kameradschaften „Nationale Solidarität Bayern“ und „Freundeskreis Gilching“ zu feiern. Der Raum war mit schwarz-weiß-roten „Reichsfahnen“ und einer Reichskriegsflagge dekoriert. Mit dem schwarzen Gilchinger Neonazi-Banner „Helden für Deutschland – Sie waren die besten Soldaten der Welt“ wurden wieder die Fenster zugehängt. An die Teilnehmenden, u.a. die neonazistischen Möchtegern-Rocker der „Jagdstaffel Süd“, wurden stapelweise Neonazi-Aufkleber verteilt. Der Gilchinger Aktivist Ron Appelt und die „Kameraden“ Stephan Wöhrle (der führende NSB-Aktivist) und Vanessa Becker (die überregional aktive FNM-Rednerin) hielten Reden. Außerdem sei „Liedermacher Dirk aus Ahlen“ bei der Veranstaltung aufgetreten, wie „Freundeskreis Gilching“ und „Nationale Solidarität Bayern“  (diese übrigens unter Verwendung der Parole „Nationaler Sozialismus jetzt!“) anschließend berichteten.

Über 30 Neonazis trafen sich zuletzt am Samstag, 27. Februar 2010 im „Glaskasten“-Nebenzimmer, das an diesem Abend mit den großen rot-weißen Pfeil-Fahnen der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ (JN) dekoriert war. Die meisten der Teilnehmenden kamen direkt vom Neonazi-Aufmarsch in Augsburg in die Gaststätte. Zur „Informationsveranstaltung“ hatten vor allem die „Freien Nationalisten München“ und der „Freundeskreis Gilching“ mobilisiert, als Hauptredner traten der JN-Bundesvorsitzende Michael Schäfer und der bayerische NPD-Landesvorsitzende Ralf Ollert auf. Daneben sprachen noch Philipp Hasselbach und der sogenannte „JN-Beauftragte für München“, Paul „Hoolipaul“ Engelhardt.

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